Verpflegung und Gesundheit
Auschwitz: Gefangene liegen auf Pritschen in einer Baracke, nach der Befreiung (Quelle: Yad Vashem Fotoarchiv 1586/340)
Folgt man den einzelnen Punkten der Lagerordnung des KZ Auschwitz, könnte man den Eindruck gewinnen, als sei die Versorgungslage der Häftlinge mit Lebensmitteln auskömmlich gewesen. Demnach wurden nämlich dreimal am Tag Essensrationen ausgegeben, die gemäß der Richtlinien für Schwerarbeiter 2.150 Kalorien und für Normalarbeiter 1.700 Kalorien beinhalteten.
Die Realität war von solchen Angaben jedoch weit entfernt. Morgens wurde an jeden Häftling ein halber Liter dünner Kaffee-Ersatz oder ein Kräuteraufguss ausgegeben, der den dafür verwandten Namen „Tee“ auch nicht annähernd verdiente. Brot für den Tag erhielten die Häftlinge bereits am Vorabend, was dazu führte, dass die vom langen Tag und der Arbeit Ausgehungerten die gesamte Ration noch direkt am Abend aufaßen und daher hungrig in den Tag starten mussten.
Mittags sollten gemäß eines offiziellen Wochenspeiseplans verausgabt werden: „4 x Suppe mit Fleischeinlage, 3 x Suppe mit Frischgemüse“. Doch auch solche Versprechen bewegten sich fernab jeglicher Realität. Die angekündigte „Fleischeinlage“ bestand bestenfalls aus einigen dünnen Fleischfasern, die in der großen Menge der „Suppe“ genannten Flüssigkeit kaum auszumachen waren.
Die Konsequenzen einer solchen Unterversorgung lagen auf der Hand und stellten sich über kurz oder lang zwangsläufig ein. Bei einer solchen Verpflegung mussten die Kräfte aller Häftlinge, die zum Arbeitseinsatz eingeteilt waren, spürbar nachlassen. Und sie alle teilten die unausweichliche und prägende Erfahrung des Lagers Auschwitz, die alle Überlebenden später nie vergessen konnten: Hunger, tagein, tagaus.
Die Lebensbedingungen im Lager mussten naturgemäß massive Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Häftlinge haben. Für jene, die so schwer erkrankten, dass sie in den „Häftlingskrankenbau“ aufgenommen werden musste, war das zumeist gleichbedeutend mit einem Todesurteil, denn dieser Bau hatte praktisch nichts mit einer Sanitätsstation gemein. Er stellte nichts anderes als einen separierten Block dar, in dem die Kranken getrennt von den anderen Häftlingen unter Bedingungen untergebracht waren, die um nichts besser waren als die im übrigen Lager. Die sanitären Verhältnisse waren katastrophal, und es fehlte insbesondere an Medikamenten. Dennoch versuchten die Häftlinge, die im Krankenbau als Ärzte oder Pfleger tätig waren, alles für das Überleben ihrer Mithäftlinge zu tun. Ihre dabei erbrachten Leistungen sind kaum hoch genug einzuschätzen.
Unter den herrschenden Bedingungen waren immer mehr Häftlinge bestrebt, einen Aufenthalt im Revier zu umgehen. Sie versuchten stattdessen, sich mittels alter Hausmittel - der sogenannten „Volksmedizin“ - selbst zu kurieren, was in den Fällen schwerwiegenderer Erkrankungen diese dann verschlimmerte und zumeist zum Tod führte. Die Angst vor dem Häftlingskrankenbau war jedoch derart groß, dass von vielen ein solches Risiko einem Aufenthalt dort vorzogen wurde.