Religion

Theresienstadt unterschied sich von anderen NS-Zwangslagern auch dadurch, dass es dort erlaubt war, die jüdische Religiosität zu praktizieren. Gottesdienste waren zwar nicht ausdrücklich erlaubt, aber auch nicht verboten. Sie fanden in Betstuben statt und wurden vor allem von den Älteren gut besucht.

Ein wichtiger und psychisch außerordentlich belastender Teil des religiösen Lebens im Getto waren die Begräbnisse. Bis August 1942 noch in Einzelgräbern möglich, gab es danach Massenbeisetzungen mit bis zu 36 Särgen je Grab. Ab Oktober 1942 wurden die Leichen dann in einem in den unterirdischen Verliesen der Festung eingerichteten Krematorium verbrannt. Anschließend wurde die Asche in mit den Namen der Toten und ihrer Theresienstädter Evidenznummer beschrifteten Schachteln in einem Kolumbarium aufbewahrt. Bis November 1944, als die SS damit begann, diese improvisierten „Urnen“ per LKW zur nahen Eger zu fahren und die Asche in den Fluss zu schütten, war deren Zahl auf rund 20.000 angewachsen.

Die soziale und auch die religiöse Zusammensetzung der Getto-Bewohnerschaft war alles andere als homogen, was im Alltagsleben immer wieder auch konfliktträchtige Situationen heraufbeschworen haben dürfte. Ein beträchtlicher Anteil vor allem der aus dem Reichsgebiet nach Theresienstadt Kommenden fühlte sich dem Judentum in religiöser und kultureller Hinsicht kaum oder gar nicht zugehörig oder hatten mit Religion überhaupt nichts im Sinn. Etwa zehn Prozent von ihnen waren zudem zum evangelischen oder katholischen Christentum konvertiert und lebten in dieser Hinsicht in einer anderen Welt. Auf Dachböden und in Werkstätten trafen sie sich zunächst zu geheimen Sonntagsgottesdiensten. Die Katholiken begannen ab Herbst 1942 Andachten, Christenlehre und religiöse Vorträge zu organisieren, weil ihnen wegen des Fehlens von Priestern im Getto nach katholischem Kirchenrecht das Abhalten von Messen nicht erlaubt war.

Beide christlichen Konfessionen arbeiteten im Getto eng zusammen. Der evangelische Gottesdienst fand sonntags von 9.00 bis 10.00 Uhr statt, von 11.00 bis 12.00 Uhr beteten die Katholiken im gleichen Raum, der zuvor gemeinsam geschmückt worden war. An hohen Feiertagen konnten auch katholische Gottesdienste abgehalten werden. Zu Weihnachten 1942 erschienen hierzu etwa 200, Ostern 1943 bereits 300 Menschen.

 

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